[Einleitung]
Errol Morris faszinierte mich mit „The Fog Of War“ mit Politiker und Manager Robert S. McNamara als Hauptfigur in einer Dokumentation. Das war 2003 der Fall und hält bei mir bis heute nach. Es handelt sich bei „The Fog Of War“ um eine Sendung, in der jemand etwas erzählt, der auch wirklich etwas zu sagen hat. Kann das wiederholt werden? Gelingt Errol Morris der Doppelschlag nach 10 Jahren mit „The Unknown Known“ (2013) mit dem ehemaligen US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld als Figur, um die sich hier alles dreht. Bewährtes Konzept in Auffrischung? Was steckt hinter dem Film, der hier auf Standard Definition DVD aus dem Angebot und Programm von EuroVideo erscheint. Ich durfte genauer hinschauen, yeah…
[Inhalt]
In seinem biographischen Dokumentarfilm „The Unknown Known“ zeichnet Oscar-Preisträger Errol Morris das faszinierende Porträt von Donald Rumsfeld, der als US-Verteidigungsminister in der Ära George W. Bush verantwortlich für den Krieg gegen den Irak war.
Der inzwischen 80-Jährige war bekannt für seinen rauen Ton und seinen zuweilen galligen Humor. Fast 50 Jahre gehörte er dem Kongress an, war im Zentrum der Macht im Weißen Haus und zweimal im Pentagon. In seinen Memoiren unter dem Titel „Known and Unknown“ zeigte er kaum Selbstkritik oder Einsicht. Morris lässt Rumsfeld nicht in Form eines gewöhnlichen Interviews zu Wort kommen – er lässt ihn durch seine eigenen Zitate sprechen. Das gewaltige Archiv von Notizen – Rumsfeld selbst nennt sie „Snowflakes“ – die er im Laufe seiner politischen Laufbahn angehäuft hat, geben einen Einblick in die jüngste Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika – eine Geschichtsschreibung allerdings, wie Rumsfeld sie uns vorgeben wollte.
Die Konzentration auf diese Notizen oder „Snowflakes“ mit ihren Rätseln und Widersprüchen öffnet dem Zuschauer die unbekannte Gedankenwelt des Donald Rumsfeld.
(Quelle: EuroVideo)
[aartikel]B00LMYXYR4:left[/aartikel][Kommentar]
Ich liebe solche Filme. Für manch einen unter uns mag das überhaupt nicht nachvollziehbar sein. Denn hier kommen viele, viele Minuten keine anderen Aufnahmen zur Geltung, als das Gesicht eines greisen US-Politikers, der über seine Entscheidungen innerhalb seines Wirkens berichtet. Das alles kommt uns bekannt vor, Erinnerungen an den fabelhaften Titel „The Fog Of War“ werden wach und begeistern. Ähnlich verhält es sich auch bei „The Unknown Known“ von Errol Morris. In den führenden Rollen sind keine Schauspieler zu sehen, auch hier gibt es einen direkten Interview-Partner von Mr. Morris. Dieses Mal ist es eben der mittlerweile achtzigjährige US-amerikanische Ex-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld. Mehr nicht.
Das reicht auch, werden doch zahlreiche Archivmaterialien genutzt und alle Register gezogen, um einen sinnvollen und das Geschehen unterstreichenden Film-Schnitt abzuliefern. Das Ergebnis kann sich wirklich sehen lassen und ich denke, dass Drehbuchautor – Achtung – Errol Morris mit dem Ergebnis auch zufrieden ist. Prächtig arrangiert begeistern die verschiedenen Situationen der Vergangenheit und zeigen, wie nah oftmals eine kriegerische Auseinandersetzung bevorstand und kurz vor knapp abgewendet wurde. Politik bedeutet auch Manipulation und das Entscheiden auf Basis unvollständiger Informationen. Hoch interessant; aber auch wahr? Ich weiß es nicht… Bemerkenswert ist auch hier der Music-Score, der das Geschehen toll untermalt.
[Technik]
„The Unknown Known“ bereichert den Zuschauer mit einer Vielzahl an Aufnahmen, die man nicht überall direkt zu Gesicht bekommt. Vor allem nicht in dieser Aneinanderreihung und Masse. Die Dokumentation verfügt über einen sinnvoll in Reihe gebrachten visuellen Fluss. Anamorph auf dem Datenträger abgelegt befindet sich ein 2.40:1-Transfer, der sich vieler Vorzüge des Breitbilds bedient, obwohl viele Originalaufnahmen gar nicht in diesem Format vorliegen können. Im Ergebnis jedoch zweifelsfrei gelungen und technisch hochwertig genug, um mit eine gut bis sehr guten Note heimgehen zu können. Rauschen tritt naturbedingt bei sehr alten (vorrangig schwarz-weißen) Aufnahmen auf. Die Kompression arbeitet sauber.
„The Unknown Known“ beweist in Sachen Ton eine hohe Güte. Diese kommt nicht zur Geltung, weil brachiale Action-Sequenzen Abbildung finden, sondern weil das Arrangement stimmig ist. Ein bisschen musikalische Begleitung, die durchaus alleine ausreichend Aufmerksamkeit zieht, sowohl durch einige Effekte und Geräuschkulissen, die ebenfalls von den historischen Sequenzen herrühren. Die Sendung bietet keine dynamischen Klang, dazu fehlt es praktisch an allem. Sauberkeit und Ruhe hingegen passen gut. Auch hier spielt die Musik meines Erachtens eine tragende Rolle für den Inhalt des Films. Sie klingt gut und weit. (Dolby Digital 5.1 engl. + dt. U.)
[Fazit]
EuroVideo veröffentlicht mit dieser Dokumentation einen tollen Titel. Toll, wenn man sich für politischen Alltag, historische Ereignisse und die großen Hintergründe und Zusammenhänge interessiert, denn das bedient „The Unknown Known“ de facto und par excellence. Auf einer Laufzeit von rund 104 Minuten findet somit spannende und auch gewissermaßen zeitlose Unterhaltung auf einer einseitigen und zweischichtigen DVD (Typ 9) statt. Extras gibt es auch, allerdings nur wenige.
Diese setzten sich zusammen aus einem Podiumsgespräch mit Errol Morris auf der Berlinale 2014 sowie einem Kinotrailer. Immerhin. Die Altersfreigabe liegt bei ab 12 Jahren. Technisch betrachtet stellt „The Unknown Known“ mit Sicherheit keinen großen Wurf dar, dennoch bietet die Disc ein adäquates technisches Antlitz. Erscheinungstermin ist der 9. Oktober 2014 zu einem Preis von rund 17,- Euro. Wer „The Fog Of War“ gut fand, der muss diese DVD erwerben. Wer Interesse an Filmen hat, die sich mit Lebenserfahrung und Politik beschäftigen, muss beide Titel gesehen haben.
Andre Schnack, 03.09.2014
Film/Inhalt: | |
Bild: | |
Ton: | |
Extras/Ausstattung: | |
Preis-Leistung |